Lasst uns gemeinsam etwas für die Vielfalt tun!
Am 29.10.17 ergriffen wir die Initiative und arbeiteten mit 23 Workshop-Teilnehmern ein Handout zur Unterstützung und dem Erhalt von Insekten aus, um dem Insektensterben entgegen zu wirken. Dieser Beitrag und das Projekt zur „Biodiversität bei Insekten“ wird durch Eure Unterstützung fortlaufend erweitert werden. Wir danken allen Teilnehmern für die Spenden und diese wundervolle Zusammenarbeit. Erst dadurch kann ein Handout dieser Art entstehen.
Der Paradiesgarten und seine Insekten, warum sie so wichtig sind, und Grundlagen eines ökologischen Umgangs mit Lebewesen:
>> Projekt Biodiversität bei Insekten
Kommen wir zuerst zu einem Fakt
Laut einer Studie sind in den letzten 30 Jahren mehr als 75% der Insekten verschwunden. Die genaue Ursache dafür ist noch unklar. Hier treffen sicher mehrere Faktoren zusammen. Interessant ist, dass die Fangstationen nicht etwa auf herkömmlich bewirtschafteten Feldern standen, sondern in Naturschutzgebieten. Der Schnitt außerhalb von geschützten Gebieten ist also vermutlich noch deprimierender. Die intensive Nutzung und das ausreizen jeden Zentimeters herkömmlicher Felder lässt keinen Raum mehr für Tiere.
„Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.“ Albert Einstein. Diesen berühmten Satz möchten wir eigentlich erweitern auf „Wenn die Insekten einmal von der Erde verschwinden…“. Es wird Zeit, dass wir selbst etwas unternehmen.
Die Maßnahmen
„Raus aus der Ohnmacht, rein ins Tun!“
In unseren Gärten, auf unseren Balkonen, Terrassen und Dächern stecken große Potentiale für die Vielfalt. Bereits jetzt heißt es, dass mehr Insekten in Städten zu finden sind als auf so manch einem Feld. Wir möchten Euch hier den Einstieg in den Genuss von Vielfalt erleichtern.
Der Einsatz von Pestiziden:
Eines war all unseren Teilnehmern klar: Gift spritzen ist nicht. Im Paradiesgarten haben wir mehrfach bewiesen, dass Gift nicht nötig ist um „Schädlinge“ im Griff zu halten. Im Gegenteil, man sorgt nur für noch mehr Arbeit. Wer das zu Grunde liegende Projekt „Biodiverstität bei Insekten“ gelesen hat, weiß weshalb.
Laubgebläse und Mäher:
Ein Laubbläser hat auf einer Wiese nichts verloren. Bitte verwendet diesen nur auf der Straße, denn Insekten und Amphibien haben gegen Laubbläser keine Chance. Der häufige Einsatz vom Rasenmäher macht es Wildblumen und Tieren schwer. Es sollte eine Stelle im Garten geben, die mal eine Zeit lang unberührt bleiben darf. Hohes Gras kann wunderschön aussehen und ein Gras-Labyrinth ist übrigens ein riesen Spaß.
Lichtverschmutzung:
Unsere Nächte werden immer heller. Man sollte nicht zu viele Lampen im Garten aufstellen. Nachtaktive Tiere wie Nachtfalter verbrauchen viel ihrer wertvollen Energie, wenn das Licht sie verwirrt. Neulich sahen wir ein Insektenhotel mit Beleuchtung – von so was bitte die Finger weg. Die Insekten brauchen Ruhe.
Wilde Viertel für Vielfalt in der Nachbarschaft:
„Es kann die kleinste Wildbiene sich nicht in Frieden verstecken, wenn es dem aufgeräumten Nachbarn nicht gefällt.“ (Frei nach Friedrich Schiller). Um auf kleiner Fläche eine Vielzahl an unterschiedlichen Lebensräumen zu schaffen, bietet sich eine Aufteilung in 4 Flächen in einem extra Widnisviertel an. Auf nur 4 m² alles was das Insektenherz begehrt.
Auf Brennnesseln, Disteln und anderen „Unkräutern“ fühlen sich die Raupen vom Kleinen Fuchs, Tagpfauenauge, Admiral, C-Falter, Distelfalter und Landkärtchen sehr wohl.
P. S. eine gut gemachte Natursteinmauer mit Bepflanzung bietet einen tollen Platz zum verstecken. Wusstet Ihr das Steine durch Sonne Wärme speichern und Nachts wieder abgeben?
Das Sommerloch – Nektarreiche Pflanzen:
Am meisten Insekten sterben tatsächlich im Sommer. Wir selbst haben bemerkt, dass in den Hauptsommermonaten viele Gärten eine Blühpause einlegen. Deshalb haben wir mit den Teilnehmern eine Liste von Nahrungspflanzen gesammelt, die das „Sommerloch“ bis in den Herbst hinein in ein Blütenmeer verwandeln können:
Nett zu wissen: Die beliebteste Allgäuer Balkonpflanze ist wohl die Geranie. Geranien bieten jedoch leider keinen Nektar, weshalb Bienen und co. umsonst suchen und dabei ebenfalls viel ihrer wertvollen Energie verbrauchen. Auch Heide ist tückisch, da die neuen Züchtungen geschlossene Knospen haben (Knospenheide) – hier ist es ratsam zur Besenheide oder zur Glockenheide zu greifen.
Wasserstellen:
Wie alle Lebewesen brauchen Insekten Wasser. Die Wege sollten dabei nicht zu lang sein. Es empfiehlt sich also ca. alle 30 Meter eine Wasserstelle anzubieten. Man kann zum Beispiel eine Vogeltränke mit auslaufendem Rand aufstellen. Ein auslaufender Rand ist wichtig, damit die Tiere nicht hineinfallen und ertrinken. Im Paradiesgarten haben wir auch ein paar versteckte Wasserstellen. Hierzu haben wir Eimer eingesenkt die mit z. B. Sand gefüllt sind. So können die Tiere Wasser vom feuchten Sand saugen ohne in Gefahr zu geraten. Besonders Wildbienen lieben das. Aber baut Euch bitte keine Stolperfallen. Übrigens könnt ihr auch Unterteller und Untersetzer von Kübeln einsenken.
Nistplätze:
Insektenhotels sind eine tolle Sache. Am besten stellt man diese an einen sonnigen, windgeschützten und trockenen Ort auf, der gut erreichbar ist (freie Flugbahn). Insektenhotels kann man selbst machen, oder kaufen (aber besser nicht zur Discounter-Ware greifen). Generell sollte dieses aus blickdichtem Material bestehen, damit die Tiere nicht gestört werden. Hierzu empfiehlt es sich genau auf die Materialien zu achten. Ganz wichtig: es sollten alle Röhren sauber abgeschnitten sein, damit sich Bienen und co. nicht die Flügel verletzen. Die Äste müssen markig sein und hinten geschlossen, da sonst die Eier hinten raus fallen könnten.
Die tollsten Äste für Wildbienenarten:
Bambus-röhren (glatt abgeschnitten, markig und hinten geschlossen)
Schilf (glatt abgeschnitten, markig und hinten geschlossen)
Holunder-Äste (glatt abgeschnitten, markig)
Himbeerstängel (glatt abgeschnitten, markig)
P. S. immer weniger Holzwespenarten finden Holz zum Papier machen. Hin und wieder auf lackierte Holzflächen zu verzichten hilft den Tieren. Wusstet Ihr das die meisten Wildbienen Arten gar keine Stachel haben?
Schickes Insektenhotel für den Balkon:
In einer großen Vase oder einer Schüssel Treibholz, Muscheln, Steine, Schneckenhäuser, Samenkapseln und co. mit etwas Lehm und Sand mischen, vor Regen geschützt aufstellen. Stauden für sonnige Balkone: Färberkamille, Junkerlilie, Bergminze, Natternkopf, Gelbes Sonnenröschen, Wilder Dost, Purpur-Leinkraut und gewöhnliche Ochsenzunge.
Überwinterung:
Damit Insekten überwintern können, sollte der Garten oder Balkon am Ende des Jahres nicht zu intensiv ausgeräumt werden. Wenn von alten Stängeln und co. noch ca. 30 cm übrig bleiben, können sich die Insekten verstecken und die Beete sehen gepflegt aus. Auch für die Pflanzen ist dieser Schutzraum wichtig. Auf Balkonen können ebenfalls Pflanzenreste stehen gelassen werden. Ebenso sollte nicht alles Laub entsorgt werden! Hier überwintern besonders gerne Raupen von Schmetterlingen, Marienkäfer und co.
Weitere Fragen der Teilnehmer
„Wenn ich in meinem Garten etwas ändere, mache ich doch Insekten dabei kaputt? Wie soll ich also anfangen?“
„Kommen die Insekten in meine Wohnung, wenn ich sie auf dem Balkon ansiedle?“
„kann ich auch in einem schattigen Garten was für Insekten tun?“
„Wenn sich im Herbst ein Schmetterling in meine Wohnung verirrt, darf ich ihn dann überhaupt raus in die Kälte tun?“
„Wenn ich ein Insektenhotel bastle, sind die Äste unterschiedlich groß. Wie soll eine Biene in kleinere Äste rein passen?“
Wir hatten selbst eine Frage an die Teilnehmer: Welche Insekten wollt Ihr unterstützen?
Storys aus der Community
Rebekka Maag: Als ich über Twitter von der Nachricht, das 75% der Insekten fehlen, erfuhr, war ich entsetzt aber auch irgendwie wütend. Ich konnte dieses Gefühl gar nicht wirklich greifen. Ich ging zu meinen Eltern und sagte ihnen, dass ich so schnell wie nur möglich etwas tun will. Sie stellten mich die ganze Woche dafür frei, um den kostenfreien Insekten Workshop vorzubereiten. Ich war die ganze Woche unausstehlich, sobald etwas dem Workshop in die Quere kam, wie das schlecht angesagte Wetter. UND JETZT ERST RECHT.
Ich machte den Workshop bekannt und es kamen sofort positive Reaktionen aus unserer lieben Community, für die ich mich sehr bedanke!
Und das sind nur Zwei aus den vielen Antworten 🙂 da kommt doch Freude auf! Es ist schön zu hören wofür man aufsteht.
Weiterführende Lektüren und Links:
Buch Tipp für Einsteiger zum unterstützen von Nützlingen:
„Mein Garten summt“
Buch Tipp für Bienen Fans (Bildband):
„Bienen: 104 Arten“
BUND, Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland:
www.bund.net
NABU, der Naturschutzbund Deutschland:
www.nabu.de
Teilnehmer Tipp Allgäuer Stauden in Leutkirch:
www.allgaeustauden.de
Teilnehmer Tipp Stauden in Illertissen:
www.gaissmayer.de
Umweltschutz Themen:
www.oekobeobachter.de
Informationsseite „Rettet die Bienen!“:
www.rettetdiebienen.com
>> Den Paradiesgarten für seine Arbeit unterstützen
Es gibt Fragen zu einem Thema? Ihr habt Tipps? Anregungen? Erfolge?
In den Kommentaren ist Raum für Diskussionen. Ihr könnt uns auch eine E-Mail schreiben unter: info@paradiesgarten.eu Die Antworten auf bestimmte Fragen nehmen wir mit in den Artikel auf, um diesen laufend zu verbessern! Vielen Dank.
Weiterlesen bei Teil 2
Mir ist gar nicht bewusst aufgefallen, dass in den letzten 30 Jahren mehr als 75 % der Insekten verschwunden sind. Allerdings lese ich immer häufiger von „Bienen-freundlichen“ Gärten. Deshalb möchte ich unsere Natursteinmauer so gestalten, dass sie ein Zuhause für Kleintiere und Insekten bietet.
Ich lebe auf dem Land. Mein Hofgarten ist samt Teich eigentlich schon sehr Insktenfreundlich gestaltet. Auf meiner Pferdeweide wachsen vielen Pflanze die gerne von Insekten besucht werden, doch trotzdem sind kaum welche zu finden. Was nützt die Gestaltung, wenn keine Insekten mehr da sind. Das Angebot ist da, doch ohne Interessenten.
Was kann ich ohne großen Aufwand tun?
Hallo!
sorry für die verspätete Antwort. Wir stecken gerade im Umzug. Leider ist es tatsächlich so das man auf dem Land weniger Insekten findet wie in manchen Kleinstädten. Traurig aber wahr. Die herkömmliche Landwirtschaft ist sehr schlecht für unseren Insektenbestand. Hier heißt es dran bleiben. Die Insekten müssen sich erst einmal ansiedeln und wieder vermehren. Das kann viele Jahre dauern.
Herzliche Grüße
Rebekka
Vielen Dank für den Hinweis, werde also weiter dran bleiben
Liebe Rebekka,
das es so schlimm um unsere Insektenwelt steht wusste ich noch nicht. Bei uns im Garten ist, was die Bepflanzung angeht Biodiversität eine Selbstverständlichkeit. Deshalb ist die Luft förmlich voll mit Insekten. Bei uns wird aber auch kein Gift gespritzt. Dank deiner Infos zu insektenfreundlichen Pflanzen werden sicher viele dies als Anregung nehmen.
Eine schöne Woche Susanne
Liebe Susanne,
das freut mich sehr! Ja, leider ist Vielfalt keine Selbstverständlichkeit mehr. Keimzellen des Lebens werden immer wichtiger, also immer weiter so! 🙂
Herzliche Grüße
Rebekka Maag
Hallo engagiertes Team vom Paradiesgarten Maag,
über google+ habe ich heute Ihre Seite entdeckt. Sie gefällt mir sehr, denn damit zeigen Sie, dass Sie sich viele Gedanken zum Insektensterben machen. Außerdem bringen Sie vielversprechende Ansätze, wie jeder von uns an dieser gefährlichen Entwicklung selbst schrauben kann. Oft fehlen ja gerade praktikable Lösungen.
Da ich mich auch mit Natur- und Umweltschutzthemen beschäftige, schreibe ich Ihnen heute kurz. Denn Netzwerke erleichtern uns gegenseitig die Arbeit.
Auf meiner Website oekobeobachter.com habe ich zahlreiche Artikel und Links zum Thema Insektensterben, aber auch zum Vogelsterben veröffentlicht. Wie Sie wissen, sind beide Missstände ganz eng miteinander verquickt.
Viele Grüße von Paul Bock
Lieber Herr Bock,
vielen Dank für das Lob, dass hören wir gerne 🙂
Ich habe mir Ihre Seite angesehen und nehme sie mit in die Artikellinks mit auf. Es ist immer schön, wenn sich Menschen für die Umwelt einsetzen.
Herzliche Grüße
Rebekka Maag